Das Urheberrecht liegt beim Herausgeber des Mittelaltermagazins Miroque. Wiederverwendung, auch auszugsweise, nur mit schriftlicher Genehmigung des Verlags. Die Publikation erschien in der Sonderausgabe Mittelalter - Do it Yourself Edition Nr. 6 - I/2013, Verlag VK Histomedia GmbH

Der Holunder

von Gabriela Stark

mit freundlicher Genehmigung des Mittelaltermagazins Miroque

Der Holunder ist ein ganz und gar magischer Baum mit vielerlei Verwendungsmöglichkeiten. Nur aus seinem Holz konnte ein so mächtiger Zauberstab wie der Elderstab aus der Harry Potter Saga geschnitzt werden. Elder, Holler, Ellhorn - das sind mächtige Namen, die der Holunder (Sambucus nigra) trägt. Sie gehen auf die Frau Holle zurück; das Märchen kennen Sie bestimmt. Vielleicht wissen Sie auch, dass die Göttin Holle niemand anderes ist als die keltische Totengöttin. Sie ist es, die das verborgene und noch nicht geborene Leben hütet und schützt, ebenso die verstorbenen Seelen von Menschen und Tieren in ihr unterirdisches Reich hinabnimmt und diese in einem neuen Lebenszyklus wieder zum Leben schickt. Der Holunder umfasst den gesamten mythologischen Kreislauf aus Leben, Tod und Wiedergeburt.

Holunder und Frau Holle

Holunder stand in jedem mittelalterlichen Garten und Hof. Die Menschen glaubten, dass der Hollerbusch der direkte spirituelle Draht zur Frau Holle sei, und nur in ihm wohne ein außergewöhnlich starker Schutzgeist, der alles Lebendige in seiner Umgebung beschütze. Der Holunder als Schutz- und Lebensbaum bannte die negativen Energien von Haus, Hof, Mensch und Tier und schützte vor Krankheiten, Unfällen und Unglück. Niemand wagte es, diese Pflanze zu fällen oder gar in ihrem Wuchs zu beschneiden, denn sollte dies geschehen, so wäre dieser Schutz hinfällig und es drohte Unheil von der Totengöttin selbst.

Der Baum verkörpert die Göttin in all ihren Facetten. Die Göttin erscheint als junge weiße Frau in ihrer Frühlingsgestalt, und auch der Holler trägt im Frühjahr wunderschöne weiße Blütendolden, die wie Lichtschirme im Licht funkeln. Aus seinen weißen Blüten werden im Herbst tiefschwarze Beeren, es ist der Wechsel zur Reife, und die Göttin wandelt sich von der jungen Frau in ein reifes Wesen, bis sie im Winter eine Greisin ist. Und so altert der Holunder auch durch das Jahr und zeigt im Winter seine brüchige und knorrige Gestalt, mit krummen Ästen und einer rissigen Rinde, die am Stamm aufbricht.

Dennoch war und ist der Holunder ebenso eine einzigartige Hausapotheke und auch ein Genussbaum. In mittelalterlichen Zeiten war es üblich, den Baum vorher um Verzeihung zu bitten oder eine kleine Opfergabe zu hinterlassen, bevor man sein Holz, Rinde, seine Blüten oder Beeren erntete. Denn fast alles an diesem Baum kann zu Genuss- oder Heilzwecken verwendet werden.

Etwas Botanik

Der Holunder ist ein einheimischer Baum, der zwischen drei und sieben Metern hoch werden kann. Er wächst strauchartig und hat viele verästelte Zweige, an denen sich gefiederte Blätter befinden. Der Holunder kann problemlos im Pflanzenkübel gehalten werden. Seine Blütezeit ist von Mai bis Juni. Die Blätter sammelt man vor der Blüte, ebenso die Rinde. Die schwarzen Beeren zeigen sich zwischen August und September.

Rezepte mit Holunderblüten

Jetzt, im Frühjahr, werden die vollaufgeblühten Blütendolden gesammelt. Sie müssen noch am selben Tag verarbeitet werden, da sie sehr schnell verwelken. Die Blütendolden werden am Stielansatz geschnitten und gut geschüttelt um kleine Insekten zu entfernen. Auf keinen Fall sollte man die Dolden unter Wasser säubern, da hier der Blütenstaub und das Aroma verloren gehen.

Für einen leckeren, neuzeitlichen Holundersirup oder eine Holunderblütenlimonade benötigt man 12 Holunderdolden, 1 kg Zucker, 1 unbehandelte Zitrone und einen halben Liter Wasser. Den Zucker mit dem Wasser aufkochen und köcheln lassen, bis sich der Zucker aufgelöst hat. Die Zitrone in Scheiben schneiden und mit den Holunderblüten in eine Schüssel geben. Den Zuckersirup darübergießen und zugedeckt 24 Stunden stehen lassen. Abseihen, nochmals aufkochen und in Flaschen füllen.

Kultgetränk Hugo

Aus diesem Holundersirup können Sie jetzt das Kultgetränk Hugo genießen. Dazu gibt man 150 ml Prosecco mit 100 ml Mineralwasser und etwas Holunderblütensirup in ein Glas und garniert dies mit einigen Minzeblättchen, Limettenscheiben und Eiswürfeln. In der alkoholfreien Kindervariante wird der Sirup nur mit Mineralwasser vermischt.

Ausgebackene Holunderblüten

Ebenso kann man die Blütendolden als Süßspeise genießen. Dafür bereitet man einen einfachen Omelettteig, taucht die Blütendolden in den Teig und backt diese in heißem Fett in der Pfanne aus. Mit Zimtzucker bestreut und mit Apfelmus (oder einem neuzeitlichen Vanilleeis) ergibt diese Kombination einen sehr leckeren Nachtisch.

Holunderblütentee

Die getrockneten Holunderblüten werden - wie bereits in mittelalterlichen Zeiten - auch heutzutage als Tee verwendet. Hier sind sie bei allen Erkältungskrankheiten mit Fieber, aber auch zur Stärkung des Immunsystems angezeigt. Dabei hat besonders der Blütentee eine stark schweißtreibende Wirkung. Für einen Tee werden 2 TL Holunderblüten mit 1/4 Liter kochendem Wasser überbrüht. Den Tee lässt man 10 Minuten ziehen. Den Holunderblütentee kann man sehr gut mit Honig süßen.

Holunderblüten trocknen

Zum Trocknen schneidet man die Holunderblütendolden ab und lässt sie vorsichtig trocknen, damit die Fermente der Blüten die Wirkstoffe nicht zerstören. Erst nach dem ersten Trocknen werden die kleinen Blüten abgerebelt und nochmals getrocknet.

Holunderblüten räuchern

Die getrockneten Holunderblüten können sehr gut verräuchert werden. Sie verströmen einen feinen warmen und honigartigen Rauch. Dabei ist der Hollerrauch besonders gut für eine Ahnenräucherung geeignet. Er gilt als ein Baum, der Zugang zu den Ahnen gewährt. In früheren Zeiten diente der aufsteigende Rauch als Brücke zum Jenseits; man stellte sich vor, wie die Seele über den Rauch in das Licht kommt. Auch spendete man den verstorbenen Familienmitgliedern Gaben wie zum Beispiel ein Schälchen Milch oder Bier. Diese stellt man unter den Holunder.

Die Holunderbeeren

Im Spätsommer und Herbst werden dann die schwarzen Beeren gesammelt. Diese kann man nur gekocht genießen. Roh gegessen verursachen die Beeren Durchfall. Die unreifen Beeren gelten als schwach giftig und führen bei Verzehr zu Brechreiz. Die zu Mus oder Latwerg gekochten reifen Beeren waren in mittelalterlichen Zeiten eine willkommene süße Abwechslung, die unser Immunsystem stärken, alle Erkältungserscheinungen lindern, den Darm reinigen und vor allem Vitamine in der lichtarmen Zeit spenden.

Holundermarmelade

Für eine Holundermarmelade nimmt man heute 1 kg Beeren, zupft diese ab und kocht sie in wenig Wasser weich. Die Masse wird nun durch ein Sieb passiert und im Topf wieder mit 500 g Zucker erhitzt. Die Marmelade kann mit Gewürzen, wie zum Beispiel Zimt, Vanille, Ingwer oder auch mit Rum abgeschmeckt werden.

Holundersaft

Am bekanntesten dürfte wohl der Holundersaft sein. Dazu werden die Beeren gewaschen und von den Stielen befreit. Die Holunderbeeren in einen Topf geben und mit Wasser bedecken. Wenn die Beeren kochen, lässt man sie noch 10 Minuten weiterköcheln. Dann werden die Beeren durch ein Tuch gepresst und der Saft aufgefangen. Diesen Saft gibt man mit etwas Zucker in einen Topf, kocht ihn noch einmal auf und füllt ihn in Flaschen ab. Wer einen Entsafter hat, kann ebenso problemlos darin den Holunderbeerensaft gewinnen.

Dieser Holundersaft dient als Ausgangsmaterial für Holundergelee, Holunderlikör oder Holunderglühwein. Ebenso lässt er sich auch pur genießen.

Holunderblätter und -rinde

Aus den Blättern wurde früher mit Schweineschmalz eine Salbe gekocht, die bei äußerlichen Verletzungen wie Prellungen und Quetschungen, aufgetragen wurde. Ebenso gilt ein Tee aus den Blättern als harntreibend und den Körper entwässernd. Die Tagesdosis für den Tee beträgt allerdings nur 1 Tasse pro Tag. Die Rinde wurde als drastisches Brech- und Abführmittel verwendet, denn die Holunderrinde löst eine Abwehrreaktion des Körpers aus, die den Körper veranlasst, sich selbst zu reinigen.

Dem Holunder als allumfassenden Baum, der die körperlichen, geistigen und spirituellen Aspekte eines gesamten Lebens umfasste, brachte man großen Respekt entgegen. Nicht umsonst hieß es, dass der Wanderer oder Bauer ehrfurchtsvoll vor ihm sich verneigte oder seinen Hut zog.

Quellen

Internet

Gabriela Stark - Holunderblüten - Räucherpflanze und Anwendung

Gabriela Stark - Ein Frühlingsgruß von Frau Holle

Literatur

Wolf-Dieter StorlPflanzen der Kelten AT VerlagISBN 3-85502-705-6

Susanne Fischer-RizziBlätter von Bäumen AT VerlagISBN 3-03800-343-3

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