Das Urheberrecht liegt beim Herausgeber des Mittelaltermagazins Miroque. Wiederverwendung, auch auszugsweise, nur mit schriftlicher Genehmigung des Verlags. Die Publikation erschien in der Ausgabe Miroque - Lebendige Geschichte Nr. 16 - I/2014, Verlag VK Histomedia GmbH.

Die heiligen Nächte der Wintersonnenwende

von Gabriela Stark

mit freundlicher Genehmigung des Mittelaltermagazins Miroque

Wir befinden uns nun wieder in der Zeit, in der die Tage kürzer und kälter und die Nächte länger werden. Zu dieser Zeit gehört auch die Vorfreude auf ein Fest, bei dem sich die Kinder auf die Geschenke freuen. Uns zieht eher die Aussicht auf schneebedeckte Landschaften, klirrende Kälte, vereiste Seen und Dunkelheit an, aber vor allem auch auf viel Wärme in den Stuben, Kerzenlicht, leckeres Gebäck und Tee. Keine andere Jahreszeit zieht uns so ins warme Haus und lässt uns dabei trotz seiner unwirtlichen und lebensfeindlichen Natur Wärme und Geborgenheit finden.

Das Fest des einfachen Volkes

Die Wintersonnenwende war eines der wichtigsten Feste im Jahresverlauf des einfachen Volkes. Das Wort “Weihnachten” ist seit 1170 in Gebrauch. Die Heilige Nacht, “nox santa”, bezeichnet die längste Nacht (und damit auch den kürzesten Tag) des Jahres. Zumeist aufgewachsen im kirchlichen Glauben, feiern wir noch heute die Geburt Christi als ein Fest der Freude, Hoffnung, der Versöhnung und des Lichtes. Bei den Kelten wurde auch bereits eine Geburt gefeiert - die des Sonnenkindes, das die große Göttin in der stillsten aller Nächte gebar. Für die Kelten war diese Lichtgeburt der Sieg über die Dunkelheit und die Finsternis.

Viele Weihnachtsrituale unserer Ahnenzeit werden bis heute liebevoll in Ritualen gestaltet. Oder können Sie sich tatsächlich ein Weihnachten ohne die Farben Rot und Weiß, einen Weihnachtsbaum oder einen Adventskranz vorstellen? Die Farbe Weiß symbolisiert den Schnee und das Licht, Rot ist die Farbe der Wärme und des Feuers. Es war schon immer Brauch, einen Baum zu schmücken. Der Baum symbolisierte den Weltenbaum Yggdrasil und die Verbindung von der Erde in die göttlichen Sphären.

Die Weihnachtsbräuche

Wer keinen Baum hatte, schmückte mit Tannenzweigen sein Haus und stelle vier Kerzen auf - daraus wurde der spätere Adventskranz. Das Tannengrün symbolisierte die Fruchtbarkeit und die Anzahl der vier Kerzen stehen für die Jahreszeiten und versinnbildlichen den Jahresrhythmus. Das Kerzenfeuer ist das immer spärlicher werdende Sonnenlicht, um dann in der Wintersonnennacht voll zu erleuchten; denn in mittelalterlichen Zeiten wurden zu Adventsbeginn alle vier Kerzen angezündet und dann mit jeder Woche eine weniger als Symbol für das abnehmende Licht. In der Heiligen Nacht wurden dann wieder alle Kerzen genutzt. Heute zünden wir unsere Kerzen umgekehrt an. Die Wärme und das Feuer als mystische Kraft vertreiben Dunkelheit und Kälte - nicht nur draußen, auch in unserem Herzen.

Weihnachtszeit - Duft-Zeit

Weihnachtszeit ist auch Duft-Zeit. In keiner anderen Jahreszeit holen wir uns so viele unterschiedliche Gerüche ins Haus - ob harziger Tannenduft, sonniger Orangenduft oder der Gebäckduft aus dem Ofen; Aromen wie Anis, Muskat, Nelken oder Zimt erfüllen das Haus. Das einfache mittelalterliche Volk begnügte sich dabei mit Nüssen, Äpfeln und Strohsternen. Der Bischof von Bamberg berichtete 1426 ironisch, dass sich die Bevölkerung den Weihnachtsbaum wohl als früchtetragenden Apfelbaum vorstelle. Es wurden kleine und große Gebindebrote gebacken, die einen Sonnen-, Mond- oder Sterneform hatten und die ebenfalls in den Baum gehängt wurden.

Während die exotischen Düfte von dem finanzkräftigen Adel und Klerus verwendet wurden, blieb dem einfachen Volk das, was die Natur kostenlos bot. Dazu gehörten die immergrünen Pflanzen wie der Wacholder, die Mistel oder getrocknete Wurzeln und Kräuter der Sonnenpflanzen Angelikawurzel und Johanniskraut. Ebenso wurde aus den Kräuterbüschen ein wenig abgezupft und verräuchert, um die damit verbundenen Sonnenkräfte ins Haus zu holen.

Weihnachtszeit - Räucherzeit

Das Verräuchern von Pflanzen gehört ebenso zum Weihnachtsfest dazu. Viele Menschen zünden sich heute ein sogenanntes Räuchermännchen an, das als moderne Tradition den archaischen Vorgang des Verräucherns weitgehend ablöste. Ein kleiner Tipp: Sie können die synthetisch beduftenden Räucherkegel durch naturreine Räucherstäbchen von Shoyeido ersetzen. Diese haben keinen Holzkern im Inneren und können problemlos durch Abbrechen gekürzt werden. Ein kleiner Räucherstäbchenhalter, der diesen Packungen beiliegt, passt perfekt in das Räuchermännchen hinein, und das Männchen pafft auch munter seinen Rauch aus der Pfeife.

Der Wacholder

Für das einfache Volk war der Wacholder (Juniperus communis) eine der bedeutendsten Pflanzen zur Wintersonnenwende. Besonders zur energetischen Reinigung und bei Erkältungskrankheiten wurde er verräuchert. Dafür eignen sich besonders die Wacholderbeeren, die wunderbar fruchtig, harzig und warm duften. Besonders die Familien mit Kindern eignet sich eine solche Räucherung, wenn die endlosen Erkältungsschleifen anstehen. Ebenso waren Wacholderholz, -harz und die Beeren für das einfache Volk gleichbedeutend mit dem Weihrauchharz (Boswellia sacra), dass der Adel und die Kirche verräucherten.

Die Mistel

Ein weiterer uralter Brauch kommt bei uns aktuell immer mehr in Mode: der Mistelzweig (Viscum album), der vor die Haustür gehängt wird, um Glück und Wohlstand anzuziehen. Wie heißt es in England: “No mistletoe, no luck”. Die Mistel gehört zu den ältesten und wichtigsten Zauberpflanzen, die genau zur Wintersonnenzeit ihre Früchte, die weißen Beeren, trägt. Mit ihr lassen sich angeblich die Grenzen aufheben und einen Blick unten - in das Reich des Jenseits oder der Ahnen - oder nach oben - in die Sphären des Göttlichen werfen. So erklärt sich der Brauch, dass, wenn man sich unter einem Mistelzweig befindet, man von allen gesellschaftlichen Konventionen befreit ist und sich an einem Zwischenort befindet, wo alles sonst Unmögliche wahr werden kann. Selbst in der strengen puritanischen Zweig konnte man unter einem Mistelzweig öffentlich eine Frau küssen.

Genießen Sie den Lichtzauber und die Rituale in der Wintersonnenwendzeit. Es ist die Zeit, um aufeinander zuzugehen und miteinander zu feiern, eine Rückschau auf das Vergangene zu nehmen und sich Glück für das Bevorstehende zu wünschen.

Quellen

Internet

Gabriela Stark - Wintersonnenwende, die wilden und geweihten Nächte

Literatur

Björn Ulbrich, Holger Gerwin - Die geweihten Nächte Arun VerlagISBN 3-927940-52-6

Christian Rätsch, Claudia Müller-Ebeling - Weihnachtsbaum und Blütenwunder AT VerlagISBN 3-85502-802-8

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